Wie alles begann
Alles was ich weiß, ist, dass es ein Samstag war. An das Wetter kann ich mich nicht mehr so genau erinnern. Auch das mit der Uhrzeit hatte ich zu dieser Zeit noch nicht so genau auf dem Zettel. Zeit ist auch immer nur zu Anfang wichtig. Wann muss ich los? Wann muss ich aufbauen? Wann muss ich loslegen?
Das war damals aber alles noch egal. Schließlich musste ICH mich noch um gar nicht ´s kümmern. Meine Eltern waren für all das verantwortlich was an diesem Sonntag geschah. Somit also auch für den zeitlichen Ablauf. Die hatten Spaß, die können sich jetzt auch kümmern.
Was ich noch weiß, ist, dass die Beatles gerade auf Platz eins der deutschen Charts waren. All you need is love. Davon hatten meine Eltern vor einiger Zeit eine ganze Menge. Auch wenn meine Mum gefühlt immer mehr auf Elvis gestanden hat, aber das ist eine andere Geschichte.
Heute ist er also, der Tag der Tage. Heute solle es geschehen, an diesem Samstag im September.
Während im Radio irgendwo da draußen die Beatles dieses Jahrhundertklassiker vor sich hin trällerten, hatte meine Mutter diesen Augenblick der Liebe schon genau so oft verflucht, wie die Beatles Yeah Yeah Yeah singen konnten. Zumindest heute war ihre Laune nicht nach Tanze, Spaß und Liebe.
Ob sie tatsächlich an diesem Samstag im September schon wusste das es das letzte Mal sein wird, das sie das hier tut? Irgendwann muss ja auch mal gut sein. Sie hatte es ja schon zweimal hinter sich. Bis jetzt ist es auch immer gut gegangen. Aber was wird heute sein? Wird alles gut gehen?
Zu alt für den ganzen Kram war sie noch nicht, schließlich ist sie vor etwas über vier Monaten erst 22 geworden. Da würde ja noch so einiges gehen. Junges Reh.
Wie ein junges Reh fühlte sie sich an diesem Tag mit Sicherheit auch nicht eher wie ein schwerer Wal.
Irgendwann an diesem Samstag im September passierte es dann auf jeden Fall und am Ende des Tages hatte sie ein Lächeln im Gesicht, was ihr in den nächsten Jahren beim Anblick des frischgeboren Menschenwesens neben ihr noch so manche Male vergebe würde…
Moin Leudde, da bin!
Irgendwie hat mich Musik immer interessiert. Ich konnte sogar Fiesta Mexicana auf der Silberhochzeit irgendwelcher entfernten Verwandten live Vortragen, oder mit 18 leicht angetrunken auf dem Zeltest im Dorf mit Ibo gemeinsam nach Ibiza fliegen, so das meine Schwester es schon von weitem hörte und überlegte sich wieder ins Auto zu setzen und das Gelände vorzeitig zu verlassen.
Aber das mit der Gesangstimme war nie so meines, geschweige denn das von allen anderen die diese zu ertragen hätten.
Die Charts, damals noch Hitparade genannt, hatten mich auch immer interessiert. Sei es im Radio mit Lutz Ackermann oder Carlo von Tiedemann, oder im TV mit Ilja Richter oder Dieter Thomas Heck.
Aber warum und wieso es dazu kam, dass es Radio Tatenberg jemals gab? Das muss sich aus alle den einzelnen Komponenten ergeben haben die wie ein Puzzlespiel mein Leben davor geprägt haben.
Nachdem ich diesen Sonntag um September heil überstanden hatte, durfte ich dann auch bald in meine neue Wohnung. Monate nur bei Muddern im Bauch war auch irgendwann langweilig, wenn auch Sau gemütlich. Hatte schon Riesen Vorteile: Ich konnte machen was ich will und da aufräumen bis heute nicht zu meinen Stärken gehört, könnt ihr euch ja wohl vorstellen, wie angenehm es ist sich um nichts kümmern zu müssen. Das sollte jetzt schlagartig vorbei sein. Ab jetzt hieß es: Kommando geben, wenn was ist. Wenn ich Hunger hatte musste ich schreien, wenn ich die Büx voll hatte musste ich schreien, wenn ich betüddelt werden wollte musste ich doof grinsen…
Ach ja, und wenn meine Schwester (die war nämlich, neben meinem Bruder, schon vor mir da) mich ihrer Freundin zeigen wollte musst ich auch schreien. Zumindest danach tat es doch weh, wenn sie mich nicht mehr tragen konnte und mich deswegen fallen ließ…
Von nun habe ich in Tatenberg gewohnt. Ich habe mir das nicht selbst ausgesucht, meine Eltern hatten hier schon gewohnt. Und da noch Platz für mich war haben Sie mich dann auch hier wohnen lassen. Gewohnt haben wir hier bis Mitte der 90er. Aufgewachsen in einem, wie man heute sagt, Mehrgenerationshaushalt. Vadder, Mudder, Bruder, Schwester Oma und Onkel. War schon irgendwie cool…
..to be continued